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Multitasking – eine Aufgabe nur für Supermänner und Superfrauen?

Sie haben einen Beruf, eine Familie, Freunde und vielleicht auch ein Haus und einen Garten. Damit sind Sie zeitlich schon mehr als ausgelastet. Da ist es nur allzu verständlich, dass Sie für sich selbst festgestellt haben: „Zum Lernen einer Sprache habe ich einfach keine Zeit.“

Vielleicht lernen Sie aber dennoch, trotz Ihrer vielen anderen Verpflichtungen, eine Sprache. Sie schaffen es auch, Ihre Lerneinheiten in Ihren Tagesablauf zu integrieren. Ihrer Familie erzählen Sie stolz, Sie sind multitaskingfähig.

Aber halt! Sind Sie das wirklich? Schauen wir uns einmal eine typische Lerneinheit an. Stellen Sie sich folgende Fragen: Lernen Sie mit eingeschaltetem Radio oder Fernseher? Lassen Sie sich von anderen Arbeiten und Aufgaben unterbrechen und ablenken? Liegt Ihr Smartphone neben Ihnen auf dem Tisch, damit Sie immer wieder einmal neue WhatsApp-Nachrichten oder Neuigkeiten bei Facebook und Twitter nachschauen können? Versuchen Sie generell, Zeit zu sparen, indem Sie mehrere Tätigkeiten gleichzeitig erledigen?

 

Eine Anmerkung vorneweg:

Natürlich gibt es Lerner, die mit Multitasking glänzend zurechtkommen. Wenn Ihre Arbeitsweise Ihnen liegt und Sie damit keine Probleme haben, dann besteht kein Grund, etwas daran zu ändern! Wenn Sie aber feststellen, dass der Lernerfolg ausbleibt und Sie im Verhältnis zu viel Zeit für zu wenig Nutzen aufwenden müssen, dann schauen Sie sich einmal folgende Beispielsituation an.

 

Die Situation – Szenario 1

Matthias ist ein fortgeschrittener Französischlerner und hat seine Französischmaterialien vor sich ausgebreitet, um einen Text zu lesen, einige Fragen schriftlich dazu zu beantworten und sich die neuen Satzstrukturen und Wortverbindungen in seinen Wissensblock (ein kleiner Block mit den wichtigsten Lerninhalten) zu übertragen. Sein Smartphone und seinen Laptop braucht Matthias dann auch, denn neue Wortverbindungen trägt er sich in seinen digitalen Vokabeltrainer Memrise ein und lernt diese dann sofort mit seinem Smartphone das erste Mal durch.

Daher – und auch ein bisschen, weil es dazugehört – liegt neben Matthias auch sein Smartphone. An seinem Laptop ist neben der Memrise-Kursseite nicht nur das E-Mail-Programm, sondern auch die Facebookseite geöffnet.

Nach zwei Minuten – Matthias hat die ersten drei Abschnitte des Textes über die Maler in der Provence gelesen – hört Matthias den Pfeifton seines Smartphones. Er schaut auf das Display und sieht, dass ihm ein Freund eine WhatsApp-Nachricht geschickt hat. Selbstverständlich beantwortet er diese sofort, denn das geht ja schnell, und liest seinen Text anschließend weiter. Allerdings weiß Matthias jetzt nicht mehr so genau, wo er stehengeblieben war, also fängt er noch einmal von vorne an. Es waren vorher ja auch erst drei Abschnitte, also ist es ja nicht schlimm, oder?

Einige Minuten später piepst der Computer – eine Direktnachricht von Facebook ist eingegangen. Eine Freundin von Matthias ist momentan in Italien in Urlaub und hat ihm einige Urlaubsfotos geschickt. Darüber freut er sich natürlich, schaut sich die Fotos an und bedankt sich schnell noch bei seiner Freundin – sie ist ja sowieso gerade online und wer weiß, wann sie das nächste Mal eine Internetverbindung hat.

Den französischen Text hat Matthias ja schon fast fertiggelesen. Multitasking? Kein Problem.

Schon piepst der Computer wieder. Diesmal kommt der Ton vom E-Mail-Programm. Da Matthias auf eine Mail von seiner Firma wartet, schaut er gleich nach. Die Mail ist allerdings nicht von Matthias‘ Kollege, sondern von seiner Schwester, die ihn und die ganze Familie für den kommenden Sonntag zum Mittagessen einlädt. Matthias geht schnell in die Küche zu seiner Frau, informiert diese über die Einladung und sagt seiner Schwester zu.

Wie war das doch gleich nochmal mit dem französischen Text?

Sie ahnen es schon … das ist noch lange nicht das Ende. Immer wieder piepst oder klingelt es. Immer wieder reagiert Matthias sofort auf die Störungen – geht ja jedes Mal schnell – und wendet sich danach gleich wieder seinem Lernpensum zu.

Nach einer Stunde aber beendet Matthias die Lerneinheit und wird das Gefühl nicht los, nicht wirklich viel gelernt zu haben. Ja, faktisch hat er eine Stunde gelernt, aber wie hat er diese Stunde genutzt?


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Die Situation – Szenario 2

Kehren wir zurück zur Ausgangssituation: Matthias hat seine Französischmaterialien ausgebreitet und fängt an zu lernen. Diesmal allerdings ist das Smartphone auf lautlos gestellt und der Computer ausgeschaltet (oder zumindest die nicht benötigten Programme geschlossen). Matthias lernt auch keine Stunde, sondern nur 40 Minuten – diesmal allerdings ohne Unterbrechungen.

Nach 40 Minuten beendet Matthias seine Lerneinheit mit dem Gefühl, das komplette Pensum bearbeitet zu haben und reagiert auf die Nachrichten, E-Mails und SMS, die zwischenzeitlich eingegangen sind. In der Summe hat Matthias so auch noch Zeit gespart – und seine Schwester freut sich, dass Matthias endlich einmal pünktlich zum Essen kommt, weil er sich konzentriert den Termin in seinen Kalender eingetragen hat!

 

Das Problem mit dem Multitasking

Normalerweise ist die Konzentration eine Kurve, die sich aufbaut und auf einer mehr oder weniger gleichbleibenden Höhe verläuft. Diese Kurve sieht aber bei Unterbrechungen in den Tätigkeiten ganz anders aus. Stellen Sie sich ein Sägeblatt vor: Die Konzentrationskurve steigt an, Sie werden unterbrochen und augenblicklich fällt die Kurve ab. Sie fangen wieder an zu lernen, die Kurve steigt an, Sie werden unterbrochen, die Konzentrationskurve fällt wieder augenblicklich ab. Die Kurve verläuft also wie eine Zick-Zack-Linie.

Erstaunlicherweise spielt es keine Rolle, wie lange die Unterbrechung dauert oder um welche Art von Unterbrechung es sich handelt.

Wenn Sie die Tätigkeiten von Matthias – oder auch Ihre eigenen Tätigkeiten – betrachten, stellen Sie fest, dass Multitasking in der obigen Situation nicht bedeutet, die Arbeiten parallel nebeneinander auszuführen, sondern dass Sie andauernd zwischen verschiedenen Aufgaben hin- und herspringen. Dabei müssen Sie sich immer wieder auf die neuen Aufgaben einstellen, und das kostet Zeit, Energie und eben den hohen Grad Ihrer Konzentration.

 

Die Lösung

Vermeiden Sie Multitasking. Kümmern Sie sich immer nur um eine Aufgabe. Wenn Sie lernen, lernen Sie. Wenn Sie fernsehen, sehen Sie fern. Wenn Sie WhatsApp-Nachrichten schreiben, schreiben Sie WhatsApp-Nachrichten. Alles zu seiner Zeit. Sie werden feststellen, dass dadurch nicht nur Ihre Arbeits- und Lernergebnisse besser werden, sondern dass sich auch Ihr Leben insgesamt entspannter gestaltet. Und nur, weil Superman multitaskingfähig ist, müssen Sie das nicht auch können, oder?

Wenn Sie einen thematisch passenden Artikel lesen möchten, empfehlen wir Ihnen unseren Artikel zum Thema Perfektionismus. Auch dort finden Sie Strategien, wie Sie Ihr Lernverhalten optimieren können. Viel Spaß und Erfolg dabei wünschen wir Ihnen!

 

 

Bildnachweis: © Flickr.com – JD Hancock

4 Gedanken zu „Multitasking – eine Aufgabe nur für Supermänner und Superfrauen?“

  1. Pingback: Musik und (Sprachen-) Lernen - Was du wissen solltest!

  2. Hallo Christine,

    vielen Dank für den guten Artikel. Ich kann dir nur zustimmen, Multitasking ist in vielen Fällen ein echter Produktivitätskiller. Ganz besonders dann, wenn es um Ablenkungen wie Push-Benachrichtigungen geht. Daher bin ich ein absoluter Verfechter davon, einen Schritt nach dem anderen zu machen und sich auf die Aufgaben zu konzentrieren, die gerade vor einem liegt.

    Schöne Grüße

    Tim

    1. Hallo Tim,

      ich hoffe, deine Prüfungen sind gut gelaufen … Ja, Multitasking killt viel Produktivität. Nutzt du bestimmte Techniken dafür, Störungen auszuschalten? Wie ist deine Strategie? Nutzt du eine To-Do-Liste? Wenn ja, mit welchem Tool? Ich bin neugierig darauf, das zu erfahren…

      Viele Grüße
      Christine

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