Ich kenne es selbst nur allzu gut. Man steht an der Kasse und sucht verzweifelt nach dem kleinen digitalen Display, das einem den Preis sagt, den man zu zahlen hat. Die Zahlen, die die sympathische Kassiererin gerade sagte, habe ich nicht verstanden. Das Problem – Ich habe die Zahlen einfach noch nicht gelernt.
Was im Supermarkt gelinde gesagt „nervt“, wird auf einem Wochenmarkt, wo Einheimische ihre frischen Produkte anbieten, allerdings wirklich zum Problem. Denn dort sucht man diese kleine Digitalanzeige meist vergebens. Aber genau dort, möchte ich am liebsten einkaufen. Es ist also Zeit, die Zahlen der Fremdsprache endlich zu lernen. Bleibt die Frage: Wie meistere ich Zahlen in einer Sprache am besten?
Um diese Frage zu beantworten, haben wir Johann Scheider gebeten, seine Vorgehensweisen in einem Gastbeitrag mit uns zu teilen. Und somit übergebe ich an dieser Stelle gerne. Johann, du hast das Wort:
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Wie auch für Vokabeln, so gilt für das Zahlenlernen das Gleiche: Es gibt keinen Soforthilfeweg, der es einem möglich macht, in Französisch so sicher durch das große Einmaleins zu segeln, wie wir es (vielleicht) in Deutsch können. Doch selbstverständlich ist auch das machbar. Ich zeige Ihnen, wie ich es gelernt habe.
Zahlen lernen – So geht’s
Ob im Restaurant, auf der Straße oder zuhause, Zahlen lassen uns niemals alleine. Dementsprechend ist es wichtig, sie gut zu lernen, um sie im Ernstfall schnell und sicher anzuwenden.
Dabei gilt: Ein Spanier lernt anders als derjenige, der sich in Französisch behaupten will und jemand, der Englisch für sich entdeckt, wird einen anderen Weg nehmen als jemand, der Russisch für das Nonplusultra hält. Jedoch sind alle Lernmethoden über alle Sprachen hinweg durch ein Element vereint: Wiederholung. Und das Gute daran: Wiederholungen von Zahlen sind im Alltag sehr einfach unterzubringen.
1. Tipp: Wiederholen Sie alle Zahlen. Oft, sehr oft!
Zahlen im Gespräch abzuleiten, dauert zu lange. Sie müssen sie sofort parat haben. Bei einer Rechnungsbegleichung im Café können Sie nicht wirklich lange überlegen, wie hoch die Summe ist, die Zahlen müssen sitzen. Und das schafft das Hirn durch Wiederholung. Erst, wenn Ihnen die 348,5 zur Nase raushängt, sind Sie soweit, dass Sie alle Zahlen verinnerlicht haben.
Meine Wiederholmethode klingt primitiv, ist aber hilfreich: Immer, wenn ich eine Treppe benutze, zähle ich die Stufen. Mal von 1-10, mal von 46-55. Völlig egal, welchen Zahlenbereich man wählt (am besten den, den man üben will natürlich), auf einer Treppe ist alles möglich. Um sportlich zu bleiben, habe ich manchmal auch gleich zwei Stufen auf einmal genommen und in Zweierschritten gezählt. Genauso effektiv ist es, beim „Nach-oben-Steigen“ rückwärts zu zählen.
Wer nicht ständig eine Treppe in der Nähe hat (oder schlicht zu faul ist, immer hoch und runter zu gehen), der sollte sich überlegen, seinen Fernseher zu benutzen. Zählen Sie einfach die Kanäle mit, wie oft Sie umschalten oder kombinieren Sie beides. Und wenn Sie im Wohnzimmer sitzen und laut rufen: soixante-quinze, deux fois! (75, zwei Mal), dann kann das für die Familie durchaus lustig werden.
talkREAL-Tipp! Für stete Wiederholungen eignen sich auch Vokabeltrainer, die auf dem sogenannten Spaced Repetition System aufbauen. Eine Liste der besten Vokabeltrainer finden Sie hier.
Sie können, wenn Sie die ganz große Herausforderung suchen, auch all Ihre Anschläge auf der PC-Tastatur mitzählen. Seien Sie kreativ. Die Möglichkeiten sind schlicht unendlich. Am Ende ist es egal, welches Medium Sie nutzen. Wichtig ist, Sie wiederholen die Zahlen stetig.
2. Tipp: Wer schreibt, der bleibt – wer rechnet, lernt Zahlen
Anwendung ist Prinzip Nummer 1 einer jeden Sprache! Beim Treppensteigen oder Umschalten ist dieses Prinzip bereits integriert, allerdings möchte unser Hirn Abwechslung in Sachen lernen. Also wird gerechnet!
Plus, minus, mal geteilt, Binomialkoeffizient, für Mathematikprofessoren gern auch die hundertfünfzigste Wurzel aus Pi hoch sieben, Hauptsache, man wird sich der Zahlen klar und nutzt sie. Bereits fünf Minuten am Tag rechnen, schleift die Zahlen geradezu ein. Wichtig hierbei: Nicht deutsch denken! Schalten Sie Ihr Verständnis Ihrer Muttersprache ab. Und wenn eine Aufgabe wie 114,7×19,3 Sie, wenig überraschend, doch überfordert, dann nehmen Sie einen Taschenrechner, aber sprechen Sie alles laut in der Fremdsprache aus!
Das Laut-vor-sich-dahin-sagen-Prinzip ist unheimlich wichtig bei Zahlen. Sprechen, sprechen, sprechen. Und auch nicht murmeln, sprechen! Dem Hirn muss klar werden, was da auf dem Papier vor sich geht.
Sehr schön lässt sich hier auch die korrekte Schreibung von Zahlen trainieren. Das Ergebnis oder gar die Zahlen, mit denen gerechnet wird, einfach ausschreiben. Apropos, das Ausschreiben hat auch den Vorteil, dass man schneller erkennt, in welcher Reihenfolge die Zahlen in der Sprache genannt werden.
Das „deutsche Format“ finde ich persönlich bei Zahlen größer 12 recht schwierig, da die hintere Zahl zuerst gesagt wird. „Fünfundneunzig“, um ein Beispiel zu nennen. Da ist die englische Variante mit „ninety five“ einfacher, da man die „erste Zahl“ zuerst nennt.
Für alle Experten:
Um Zahlen und Vokabeln gleichzeitig zu lernen, kann man Textaufgaben selbst schreiben. Oder man übersetzt welche aus dem Internet, das schult Zahlen- und Vokabelkenntnisse. Auch wenn sich die Sinnhaftigkeit einiger Textaufgaben infrage stellen ließe, sollte man sie übersetzen. Durch den Versuch, sie ans Leben anzulehnen, kommen zumeist einige nützliche neue Worte vor. Mehr zum Thema „Sinngemäße Übersetzungen“ erfahren Sie übrigens in dem Kurs „Erfolgreich Sprachenlernen“!
3. Tipp: Zahlen lernen – gerne auch mit anderen
Um eine realistische Situation zu schaffen, die am Ende auch wieder auf Wiederholung hinausläuft, muss man versuchen, Zahlen in seinen Alltag zu integrieren – nicht als lästiges Mittel der Sprache, sondern als Werkzeug der Verständigung. Wer englische Zahlen übt, darf ruhig in ein englisches Teegeschäft in der Stadt gehen und mal so richtig schön auf Englisch bestellen! Aber nicht nur fünf Gramm, sondern ruhig so, dass die Zahl komplex wird.
Praxisbeispiel: Ich habe mich in Berlin an die verschiedensten Verkäufer einer russischen Konfekthandlung gewandt oder in das nächste, echte französische Bistro gesetzt und meine Bestellung in der Originalsprache abgegeben. Der Vorteil: In Russland oder Frankreich ist es mit Englisch eher schlecht, auf dem Alex oder in Köln-Nippes ist es viel einfacher, im äußersten Notfall in eine vertraute Sprache umzuschalten.
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Doch nur einer ist die Nummer 1!
Wer nun aber die Chance eines fremdsprachlichen Ladens nicht hat, der hat eine Möglichkeit, dies zu simulieren. Zahlen allein zu lernen kann auch recht schnell eintönig werden, es gibt immer jemandem im Freundeskreis, der sich bilden möchte. Und hey, wer von null bis hundert (ноль – сто) auf Russisch zählen kann, wird im Freundes- oder Kollegenkreis immer sehr bewundert.
Sie sollten mit einem Partner lernen. Das muss nicht mal ein Tandempartner sein. Nein, es kann beispielsweise der beste Freund sein. Morgens auf der Arbeit wird ein: „Und, wie geht’s?“ durch ein „Morgen, Tom, 46“ ersetzt, Sie müssen ungeheuer schnell reagieren. Man kann daraus, wie ich früher in Französisch mit Klassenkameraden, einen Wettbewerb machen und am Ende der Woche auswerten, wer besser war. Natürlich alles im Spaß, daraus sollte kein erbitterter Kampf werden!
Fazit: Zahlen in der Fremdsprache lernen
Um die Sache mal auf einen Nenner zu bringen: Zahlen lernen ist bei mir eine Sache der kreativen Wiederholung und Anwendung gewesen. Irgendwelche Gedankenpaläste haben mir nie zu Erfolg bei diesen mathematischen Dingern geholfen, ich musste sie mir einpressen.
So komisch es klingt, eine Treppe, ein Fernseher, ein Bleistift, zwei Seiten Papier und Madame Lavéner aus Berlin haben mir unheimlich geholfen, in Paris zu überstehen und nach der Metrolinie zu fragen. Sie sollten Ihre passende Methode finden und immer daran denken, sie auch zu benutzen, denn dann wird der Zahlendschungel schnell zur schönsten Lichtung, die Sie je gesehen haben.
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Danke Johann für diesen interessante Beitrag. Ich persönlich finde es am interessantesten, das Zahlenlernen in ein Spiel zu verwandeln. Und ja, genau wie Johann schreibt, finde ich es am spannendsten, wenn ich diese Zahlenspiele mit Bekannten zusammen mache. In einer Dreiergruppe ruft jemand eine deutsche Zahl und die anderen zwei müssen möglichst schnell die Übersetzung nennen. Der Punkt geht an den Schnellsten. Das funktioniert bei mir sehr gut und kann auch wirklich Spaß machen.
Das Wichtigste ist dabei für mich, dass es mir ermöglicht, mich in einem fernen Land nochmals viel sicherer zu bewegen. Das Meistern der Zahlen nimmt schlichtweg Stress aus vielen verschiedenen Situationen. Und so wird das eingangs genannte Einkaufen auf dem lokalen Wochenmarkt zur wahren Freude.
Genau das war auch die Motivation für Frank Benkelmann, den Entwickler hinter Nums. Eine App zum Zahlenlernen in der Fremdsprache (per 12/18 nur für iOS verfügbar).
Im Kommentarbereich können Sie uns gerne wissen lassen, welche Lernmethode zum Zahlenlernen bei Ihnen besonders gut funktioniert. Wir sind gespannt.
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