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Wie Sie in Zukunft Muttersprachler besser verstehen

Zwei Herren sprechen

Stellen Sie sich folgende Situation vor: Werner lernt seit einiger Zeit Italienisch, setzt sich hochmotiviert jeden Tag mit seinen Büchern, Grammatiken und Vokabelheften hin und macht Übungen, liest Texte und lernt Vokabeln. Irgendwann im Lauf seines Lernprozesses beschließt Werner, dass es nun an der Zeit ist, einmal eine Radio- oder Fernsehsendung zu hören und mit Muttersprachlern zu sprechen. Genau jetzt aber stellt Werner fest, dass hier die Probleme anfangen. Er versteht praktisch kein einziges Wort. Außerdem übersetzt Werner alles, was er hört, wörtlich von einer in die andere Sprache und merkt an diesem Punkt, dass das nicht mehr so ohne weiteres funktioniert.

In diesem Artikel erklären wir Ihnen, wo die Probleme von Werner genau liegen, was die ganze Thematik mit dem Vokabellernen zu tun hat und welche Lösungsansätze es gibt. Außerdem vergleichen wir, wie unterschiedlich Muttersprachler und Fremdsprachenlerner bei der Aufnahme einer Sprache vorgehen. Zum Schluss gibt es noch konkrete Tipps, damit Sie in Zukunft Muttersprachler besser verstehen können.

Die Probleme

Werner hat also genau drei Probleme:

  1. Das fehlende Verstehen, die Angst und
  2. die daraus resultierende Passivität in der Sprache und
  3. die Wort-für-Wort-Übersetzungen.

Sein erstes Problem ist, dass er Texte in der Fremdsprache, sobald sie von Muttersprachlern – egal ob persönlich, im Radio oder im Fernsehen – gesprochen werden, nicht mehr versteht.

Das führt sofort zum zweiten Problem, denn genau deshalb spricht Werner keinen Muttersprachler mehr an, weil er Angst hat, die Antworten nicht zu verstehen.

Werners drittes Problem tritt in Situationen auf, in dem er gezwungen ist, etwas zu sagen. Ab und an muss Werner mit Muttersprachlern kommunizieren, dann aber legt Werner sich die deutschen Sätze im Kopf zurecht und übersetzt Wort für Wort ins Italienische. Dass ihn dann die Italiener nicht verstehen, versteht sich von selbst, weil die Sprachen einfach zu unterschiedlich sind. Sie haben bestimmt schon die Erfahrung mit diesem Phänomen gemacht, wenn Italiener versuchen, Deutsch zu sprechen. Da hört man von Zeit zu Zeit auch die lustigsten Varianten.

Problemursache: Das Vokabellernen

Die Ursache dieser Probleme liegt häufig in der Art, Vokabeln zu lernen. Die meisten Vokabellisten, so auch die von Werner, bestehen nämlich aus Einzelwörtern, die der Lerner erst beim Gespräch richtig miteinander verknüpfen muss. Als Werner anfing, Italienisch zu lernen, war das ganz logisch. Er hatte ja bisher nicht die Möglichkeit, Satzstrukturen zu bilden oder Wortverbindungen herzustellen, weil ihm ja die Zusammenhänge gefehlt haben.


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Warum aber ändert Werner diese Art der Einträge nicht, sobald er die entsprechenden Kenntnisse dafür hat?

Bei Werner ist das eine Art Gewohnheit. Warum soll er aber eine Gewohnheit ändern, die bis jetzt vermeintlich kaum Probleme verursacht hat?

Bequem ist diese Art von Vokabelliste noch dazu, denn Einzelwörter merkt sich unser Gehirn vermeintlich leichter als längere Ausdrücke. Werner meint, dass das doch sehr anstrengend für das Gehirn sein muss.

Zudem sind die meisten Vokabelhefte auch nur für Einzelausdrücke ausgelegt, für längere Wortverbindungen fehlt meistens der Platz. Wo soll Werner denn die Vokabelverbindungen alle hinschreiben?

Lese-Tipp! In den Top 10 der besten Vokabeltrainer finden Sie tolle Lösungen, die es ermöglichen auch längere Phrasen einzugeben und zu lernen.

Woran erkennen Sie solche Lerner wie Werner?

Diese Lerner erkennen Sie sehr einfach. Schauen wir uns Werner an: Er spricht nämlich einzeln Wort für Wort, macht bei Texten Sprechpausen an Stellen, wo normalerweise keine sind, und sucht immer wieder nach einzelnen Wörtern. Außerdem übersetzt er jede Kleinigkeit Wort für Wort im Kopf mit: nicht nur beim Lesen, sondern auch beim Hören und Sprechen. Dadurch aber kann kein Lese- oder Sprechfluss zustande kommen, weil das alles ja viel zu lange dauert. Auch beim Zuhören verliert Werner sehr leicht den Faden, weil er sich überhaupt nicht auf die Gesprächsthemen konzentrieren kann. Er ist ja die ganze Zeit mit „Nebenaufgaben“ beschäftigt.

Der Teufelskreis

Jetzt kommt es aber zu einem Teufelskreis: Werner überlegt, was das gerade gesagte Wort des Muttersprachlers bedeuten könnte, verliert den Faden und kann dem restlichen Gespräch nicht mehr folgen. Der Muttersprachler hat ihm nämlich nicht die nötigen Pausen zum Nachdenken gegeben, sondern hat einfach weitergesprochen. Irgendwann hat Werner das Gefühl, wirklich nichts mehr zu verstehen, und vermeidet Gespräche mit Muttersprachlern so oft wie möglich.

Was ist der Unterschied zwischen Muttersprachlern und Fremdsprachenlernern?

Muttersprachler und Fremdsprachenlerner unterscheiden sich im Wesentlichen in drei Punkten:

Muttersprachlern sind Fehler egal

Wenn Sie mit einem Muttersprachler sprechen, wird es den Muttersprachler herzlich wenig interessieren, ob Sie einen Fehler bei einer Verbform machen oder nicht. Der Muttersprachler wird sich also nicht auf die Endungen der Verben oder auf die Formen des Artikels konzentrieren, sondern auf das Thema, über das Sie sprechen.

Muttersprachler denken in Sinneinheiten und ganzen Sätzen

Muttersprachler denken grundsätzlich in ganzen Sätzen und Sinneinheiten. Wenn Ihnen zum Beispiel in Ihrer Muttersprache das Wort „bezahlen“ genannt wird, fallen Ihnen sofort Wortverbindungen und Situationen dazu ein (eine Rechnung bezahlen, im Restaurant das Abendessen bezahlen, mit dem Leben bezahlen, mit Kreditkarte bezahlen, getrennt bezahlen, …) Das unterscheidet den Muttersprachler vom Fremdsprachenlerner. Aber: Aber sofort können Sie das ändern, denn auch mit geringen Sprachkenntnissen können Sie schon in Sinneinheiten denken. Und dies ist eine ganz natürliche Art mit Sprache umzugehen und dies wurde erst vor Kurzem erneut von Wissenschaftlern bewiesen.

Sprachkurs-Tipp! Mondly setzt dieses Konzept sehr gut um. Zu Beginn jeder Lerneinheit werden neue Wörter eingeführt, die dann direkt in längere Sinneinheiten überführt werden und man so die neuen Vokabeln direkt in ganzen Sätzen einübt. Unseren Test zu Mondly gibt es hier.

Konzentrieren Sie sich also eher auf die Wörter und Sätze, die Sie verstehen, und blenden Sie nicht verstandene Wörter und Strukturen einfach aus. Zu Beginn braucht es ein bisschen Übung, aber im Laufe der Zeit gelingt das immer besser. Sie werden feststellen, dass viele nicht verstandene Wörter sowieso nicht wichtig waren und Sie erstaunlich viele Vokabeln erschließen konnten.

Muttersprachler konzentrieren sich nur auf das Textverständnis

Im Gegensatz zu Sprachlernern ist Muttersprachlern die verwendete Grammatik egal. Ihnen geht es nicht darum, zu verstehen, warum genau diese Zeit verwendet wird, wieso jetzt die Präpositionen „a“ richtig ist und nicht eine andere und wann man besonders auf Konjunktivformen achtgeben muss. Muttersprachler konzentrieren sich also einzig und allein auf das Thema des Textes. Genau das gleiche machen Sie doch in ihrer Muttersprache auch, oder?


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Was können Sie jetzt tun? – Die Lösungsansätze

Kümmern Sie sich nur um die Basisinformationen

Konzentrieren Sie sich nur darauf, was in einer Unterhaltung oder einem Text die wichtigsten Informationen sind. Wenn Sie am Morgen die Tageszeitung hereinholen und wissen möchten, wann das nächste Spiel ihrer Lieblings-Basketballmannschaft stattfindet, lesen Sie doch auch nicht die ganze Zeitung von vorne bis hinten durch, sondern beschränken sich auf den Sportteil. Wenn sie nur Informationen brauchen, wie teuer eine Konzertkarte für ein bestimmtes Konzert ist, dann achten Sie doch auch nur auf den Preis und nicht auf die Anfangszeiten oder Künstler der 20 anderen Konzerte, die auch noch angeboten werden. Daher gilt: Kümmern Sie sich nur um das Wesentliche.

Machen Sie eine gedankliche Zusammenfassung

Sie haben sich im Auto oder beim Sport einen fremdsprachigen Podcast angehört? Wunderbar, dann fassen Sie doch im Kopf das, was Sie eben gehört haben, gedanklich zusammen. Wenn Sie der Meinung sind, dass das in Ihrer Lernsprache noch zu schwierig für Sie ist, fangen Sie mit ihrer Muttersprache an.

Machen Sie eine mündliche Zusammenfassung

Wenn Sie sich mit echten Gesprächspartnern unterhalten, funktioniert es noch besser. Fragen Sie Ihren Gesprächspartner einfach „Habe ich das richtig verstanden?“ und versuchen Sie, das eben Gehörte in eigenen Worten nochmals zusammenzufassen. Dabei trainieren sie nicht nur Ihr Hörverständnis, sondern verbessern sich auch beim Sprechen. Und da Ihr Gesprächspartner nicht 30 Minuten auf Ihre Zusammenfassung warten möchte, werden Sie im Laufe der Zeit immer besser darin, wichtige Informationen zu erkennen und diese anderen Personen relativ zeitnah verständlich zu präsentieren.

Hören sie häufig dieselben Texte an

Viele Lerner hören einen Text nur einmal und gehen dann zum nächsten Text über. Besser wäre es, dieselben Texte immer und immer wieder zu hören. Sie werden nämlich feststellen, dass Sie jedes Mal ein bisschen mehr verstehen. Natürlich funktioniert das nicht bei Unterhaltungen mit echten Gesprächspartnern, aber auch hier können Sie darum bitten, dass bestimmte Textpassagen noch einmal wiederholt werden. Wenn Ihnen die Originalversion zu schwierig war, dann bitten Sie um eine Wiederholung in anderen Worten.

Präparieren Sie sich mit Notfallsätzen

In Tipp 4 ging es darum, Gesprächspartner um Wiederholungen zu bitten. Dabei sind Notfallsätze sehr hilfreich. Schreiben Sie sich also einen Zettel mit Sätzen wie „Können Sie das bitte wiederholen?“ oder „Ich habe sie leider nicht verstanden. Können Sie den Satz bitte noch einmal sagen?“ – natürlich in Ihrer Lernsprache. Stecken Sie sich diesen Zettel in Ihre Brieftasche – schon allein das Gefühl, diesen Zettel dabei zu haben, wirkt stressmindernd.

Lern-Tipp! In Rahmen unserer SprachlernHACKS erhalten Sie eine vollständige Liste der wichtigsten Notfallsätze. Einfach mal reinklicken und informieren.

Arbeiten Sie sich nach und nach in die Königsklasse vor

Starten Sie mit einfachen Texten und Dialogen. Beginnen Sie mit der Standardsprache und lassen Sie erst einmal die Dialekte des italienischen, französischen, spanischen oder irischen Hinterlands außen vor. Zu Beginn sollten die Texte und Dialoge auch sehr kurz sein und nur einfaches Vokabular beinhalten. Steigern Sie sich nach und nach und freuen Sie sich über Ihre Erfolgserlebnisse.

Wie geht es jetzt weiter?

Fangen Sie an, sich aktiv Sprechgelegenheiten mit Muttersprachlern zu suchen. Reden Sie mit den Menschen, hören Sie ihnen zu und lassen Sie sich auf die Sprache ein. Wenn gerade keine Muttersprachler greifbar sind, dann hören Sie Podcasts und Radiosendungen und schauen Sie fern. Gehen Sie ins Kino und schauen Sie einen Film in der Originalsprache, üben Sie regelmäßig und freuen Sie sich an ihren Fortschritten und Erfolgen!

Wir von talkREAL wünschen Ihnen viel Spaß und Erfolg dabei.

Bildnachweis: © gpointstudio – Fotolia.com

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